Apulien im Rückspiegel  

 

Braucht irgendwer noch Reiseinspiration? Ich hätte da was! Aber: psssssst – Geheimtipp… 

Na ja, so geheim ist es dann vielleicht doch nicht mehr so wirklich, denn die Kreuzfahrt hat es schon für sich entdeckt und damit ist der Ansturm an Besuchern zu gewissen Zeiten eben doch schon erheblich. 

 

Aber fangen wir vorne an.

 

Anfang des Jahres reifte in uns der Beschluss zu ein paar Tage Auszeit heran, einem Tapetenwechsel. 

Wohin? Wie weit? Fliegen? Bahn fahren?

Ein paar Ziele standen bald zur Auswahl und nach ein wenig Recherche und Reiseführer-Studium kam es dann auch zum Entschluss: Auf geht es nach Apulien. 

 

Im Reisebüro unseres Vertrauens wurden uns dann wiederum Vorschläge zu Unterkünften etc. präsentiert und wir gingen mit einigen Denksportaufgaben nach Hause. Die Qual der Wahl: wo, wie, was wollen wir die geplanten 10 Tage verbringen? Nachdem wir uns zunächst so sicher waren, dass wir gaaaaaaanz bestimmt möglichst dicht am Wasser und am liebsten mit Sand unter den Füßen wohnen wollten, kam dann doch der plötzliche Erkenntnisgewinn, dass es vielleicht Anfang April doch noch etwas frisch sein könnte, um sich in die Fluten des adriatischen Meeres zu stürzen. 

 

Und dann war da dieses Hotel. Klein, auf den Fotos sehr ansprechende Einrichtung zu sehen, stimmungsvolle Aufnahmen, eine mintgrüne Ente (also nicht das quakquak, sondern brummbrumm)… Vor dem Fenster das Meer. Herz, was willst du mehr, das sollte es sein: wir reisen nach Monopoli! (Und ganz ehrlich, wer kann denn bei diesem Ortsnamen schon widerstehen?!) Diese Entscheidung sollte sich als goldrichtig erweisen – es war die (für uns) perfekte Unterkunft! Das Hotel Santa Maria 24 (ja, das ist Werbung, aber sie kommt von Herzen und wer auch dorthin reist, möge doch bitte ganz herzliche Grüße von uns ausrichten, wir haben uns seeeeeeehr wohl gefühlt und kommen bestimmt mal wieder). Das Hotel liegt mitten im historischen Zentrum von Monopoli. Nur Anwohner dürfen dort mit dem Pkw hinfahren (dadurch ist es sehr ruhig) und genau an diesem Punkt kommt aber auch die Ente ins Spiel! Mit dieser wurden wir (und unser Gepäck) von einem öffentlichen (fußläufig gut zu erreichenden) Parkplatz abgeholt und zum Hotel gebracht – ein herrliches Vergnügen!

Apropos Hotel: das ist ein richtiges italienisches Stadthaus, alt, mit herrlichen Steintreppen, Dachterrasse und eben acht Appartements in den oberen Etagen. In den darunter liegenden Etagen befinden sich ganz normale Mietwohnungen, man fühlt sich also so ein bisschen wie ein „ganz normaler“ Bewohner des Hauses bzw. des Ortes! (Service-Hinweis an dieser Stelle: es gibt keinen Aufzug!!!!) Die Ausstattung unseres Appartements Basiliko war super: sehr modern, mit komplett ausgestatteter Küche und eben einem Traumblick aus dem Fenster direkt auf das Meer.

Frühstück gibt es in den Bar gegenüber (dort ist auch die Rezeption untergebracht). Ach so, an dieser Stelle ein kleiner Ausflug zum Frühstück: LECKER! Ungewöhnlich üppig für ein italienisches Frühstück, täglich wurden mehrere Kuchen frisch gebacken, es gab nichts, was wir vermisst hätten.

 

Wir haben uns während unserer Zeit in Apulien natürlich nicht nur in Monopoli aufgehalten, obwohl es dort sehr sehenswert ist und man die historische Altstadt mit vielen reizvollen Gassen und Plätzen erkunden, Kirchen besichtigen und am Wasser sitzen kann. 

 

Wie schon gesagt, waren wir sowohl mit dem Zug als auch mit dem Mietwagen unterwegs und haben uns einiges angesehen – meine Highlights (neben Monopoli) waren: 

1.     Pogliano a Mare

Hier waren wir sogar zweimal, weil uns die Altstadt so gut gefallen hat. Sie thront oben auf den Felsen, direkt am, über, auf dem Meer und hat wunderschöne verwinkelte Gassen, in denen man schon ein bisschen die Orientierung verlieren kann. Hübsche kleine Geschäfte finden sich dort (natürlich auch einiges an Souvenirshops, in denen man viel Keramisches erhält) und spektakuläre balconi, von denen man direkten Ausblick auf das Meer hat (im Übrigen türkisblau – fast schon karibisch dieses Meer vor der Küste Apuliens). Kirchen hat es für die kulturelle und geistige Erbauung und ein Museum für zeitgenössische Kunst. Letzteres klein, aber fein und einem der regionalen Künstler der Arte Povera gewidmet: Pino Pascali. Neben seinen Werken findet sich aber auch in Wechselausstellungen das Werk anderer Künstler:innen Apuliens präsentiert – Fotografie, Skulptur, Malerei. Entdeckenswert!

Spektakulärster Blick übrigens „von unten“ vom Strand Lama Monachile, einer wunderschönen kleinen Bucht mit steinigem Strand direkt in der Stadt. Und falls man nach einem Ohrwurm sucht: es kann passieren, dass man den bekannten Italo-Hit „Nel blu dipinto di blu“ aus einem offenen Fenster hört – das liegt daran, das der Sänger Domenico Modugno aus Polignano a Mare stammt. (Man hat vor Ort auch eine Bronzeplastik für ihn errichtet). 

In der Nähe gibt es noch das Örtchen San Vito, da liegt eine ehemalige Benediktinerabtei, die schon wegen der schieren Größe sehenswert ist. Direkten Strandzugang gibt’s dort auch!

2.     Alberobello

Schlumpfhausen! …zumindest sieht es ein bisschen so aus… Dort befinden sich die interessanten Rundhäuser, trulli genannt, in großer Anzahl und prägen so das Erscheinungsbild des Ortes. Wer mehr darüber erfahren möchte, einfach hier klicken. Angeblich wurden sie auf diese Art gebaut, um Steuern zu sparen: Diese mussten entrichtet werden auf alle Gebäude, die mit Mörtel (und somit dauerhaft) errichtet waren. Ein trullo konnte ratzfatz wieder abgebaut werden, wenn der Steuereintreiber sich ankündigte – man musste nur schauen, wo man in dieser Zeit die darinstehende Dinge unterbrachte… Übrigens waren wir an dieser Stelle seeeeeehr froh, nicht in der Hauptsaison in Puglia unterwegs zu sein: die vorhandenen (leeren) Parkplätze kündeten von erwarteten Besucherströmen!

3.     Bari

Hier waren wir mit dem Zug, ganz bequem. Der Bahnhof liegt auch nicht weit außerhalb und man kann das Stadtzentrum sehr gut fußläufig erreichen. Wieder gibt es eine verwinkelte historische Altstadt mit engen Gassen – gelegentlich wird man hier auch Zeuge von Familienstreitigkeiten, dubiosen Geschäften und wahrscheinlich auch der ein oder anderen Schummelei beim Hütchen-Spiel. Entziehen kann man sich dem kaum, so eng sind die Straßen und der größte Teil des Lebens findet vor dem Haus oder aber bei weit geöffneten Fenstern statt. Angrenzend an die Altstadt findet sich ein kleiner Fischmarkt, auf dem man alles findet, was das adriatische Meer hergibt: Pulpo, viel Pulpo und noch mehr Pulpo, Fische und Seeigel (für den „dottore“, der mit seiner Gattin kurz vor Toresschluss vorbeikam, auch zum Direktverzehr) – ach ja und Pulpo! Regionale Spezialität: Pulpo frisch aus dem Meer, roh, nur mit Zitronensaft mariniert. 

4.     Matera

Kulturhauptstadt 2019 – wer erinnert sich?! Nicht mehr in Apulien, sondern in der Region Basilikata gelegen auf einem felsigen Hügel, eine sehr ungewöhnliche Stadt. Bis in die 1950er Jahre hinein fanden sich hier Höhlensiedlungen, die aus in die Felswände gehauenen Häusern bestand. 1952 fand die italienische Regierung, dass es eine Schande für das ganze Land sei, dass hier noch Menschen in Höhlen wohnten, und man siedelte die zahlreichen Bewohner (wohl um die 10.000 Menschen) in moderne Wohnblocks um. Heute stehen die „sassi“ unter dem UNESCO-Welterbeschutz und sind beliebtes Ziel des Tourismus geworden. 

Uns hat es großen Spaß gemacht, den Ort zu erkunden. Auch hier wieder zahlreiche Gassen und Winkel, alle an den Hügel geschmiegt; Kirchen, prächtig oder auch ganz klein. Ach ja, James Bond war übrigens auch hier: für den 2021 erschienenen „No time to die“ diente Matera als Drehort. 

Den besten Überblick hat man übrigens von gegenüber, vom „Belvedere Murgia Timone“. Dieser Aussichtspunkt liegt auf der anderen Seite der Schlucht (erinnert an die amerikanischen canyons und man kann hier auch von der einen auf die andere Seite wandern), am Belvedere ein gut ausgebauter Parkplatz, kleinere Höhlen und die sehr kleine Kirche „Madonna delle tre porte“ in die Felswand hineingebaut. Vor allem auch die Fauna hat uns hier sehr begeistert!

5.     Ostuni und Locorotondo

Noch so zwei kleine, sehenswerte Orte, in denen es einfach Spaß macht, durch die Gassen zu schlendern und die Atmosphäre aufzusaugen!

 

Natürlich gibt es auch noch einiges mehr zu entdecken, das war nur meine kleine Highlight-Auswahl! Lecce, z.B. ist echt auch sehenswert, stark von barocken Bauten geprägt und Brindisi auch… Aber dann könnte ich jetzt hier wirklich einfach jeden Ort aufschreiben und dann sind es keine Highlights mehr.

 

Allgemein fanden wir die Landschaft sehr schön: grün, abwechslungsreich und diese unendlichen Olivenhaine – grandios! Besonders auffällig war das bei unserer Zugfahrt nach Lecce und bei unserem Ausflug in den 1069 ha großen Parco Naturale Regionale Dune Costiere bei Torre Canne/Torre San Leonardo. Hier konnten wir sogar einen uralten Dolmen aus der Bronzezeit bewundern, den Dolmen di Montalbano. Dolmen sehen aus wie überdimensionale Tische und sind eine Grabmalsform.

 

Auf unserer Fahrt nach Matera haben uns auch die vielen Kirschbäume bzw. -plantagen begeistert – eine tolle Region um Gioia del Colle herum. 

 

Geheimtipp: Die „Grotta del Trullo“ in Putignano. Durch Zufall 1931 entdeckt ist sie wohl die älteste Karsthöhle der Region. Nicht ganz so groß und nicht ganz so aktiv beworben, wie andere Grotten Apuliens ist sie aber absolut besuchenswert (und eben nicht ganz so überlaufen). Unser Guide sprach konsequent italienisch mit uns und hat dann aber bei manch schwierigen Worten nach einer Weile auch die englische bzw. die deutsche Übersetzung in seine Ausführungen einfließen lassen. …und er ist mit uns ganz allein in die Grotte hinabgestiegen!

 

Also, wir waren bestimmt nicht zum letzten Mal in Puglia – es hat uns seeeehr gut gefallen und es gibt noch einiges mehr zum Anschauen. Beim nächsten Mal gehen wir dann vielleicht mal im Herbst.

 

PRAKTISCHE HINWEISE: 

Wir sind nach Brindisi geflogen und haben von dort die Fahrt nach Monopoli mit dem (vorab gebuchten) Mietwagen fortgesetzt. Zwar kann man in Apulien auch mit dem Zug/Bus unterwegs sein, allerdings nur parallel zur Küste. Sobald man in Richtung Landesinnere möchte oder auch kleinere Orte ansteuert, ist ein Mietwagen nicht so schlecht…

Zugfahren ist in Italien recht günstig, so kommt man für ca. 8 € pro Person mit dem Zug von Monopoli nach Bari (das sind etwa 50 km) und die Züge fahren etwa jede halbe Stunde. Tickets kann man unter anderem in verschiedenen Apps erwerben oder am Automaten im Bahnhof. (Achtung, die Automaten am Bahnhof sprechen. Wenn man möchte auch deutsch. Aber: sehr laut! Spätestens dann weiß jeder, dass man ein Besucher ist…)

 

Reisezeit: Wir fanden es Anfang/Mitte April sehr angenehm in Apulien, es war überwiegend sonnig und an einigen Tagen konnte man es gut schon im T-Shirt aushalten – optimal für Erkundungen und Kultur. …zum Baden sollte man wohl eher ein bisschen später anreisen, allerdings ist es dann wohl auch nicht mehr so ruhig, wie wir es erlebt haben. Von Patricia Leogrande, der Geschäftsführerin unseres Hotels, wurde uns zudem der September empfohlen. 

 

Die Mitarbeiter unseres Hotels wiesen uns insbesondere für Bari daraufhin, gut auf unsere Wertgegenstände aufzupassen und Handtaschen o.ä. vielleicht gar nicht erst mitzunehmen. Aber das ist ja immer und überall wieder ein Thema, wir haben (toitoitoi) bislang noch nie schlechte Erfahrungen gemacht.

 

Mitbringsel: Keramik in allen Varianten: als Geschirr, Kaktus zum „an-die-Wand-hängen“ oder Pumo. Letzteres sieht ähnlich einer Knospe aus (oder Granatapfel) und wird auf dem Balkon oder der Terrasse aufgestellt und bringt Glück. Das nimmt man doch gern als Souvenir mit, gibt’s in verschiedenen Größen, also ist für jeden Koffer was dabei!

 

Kulinarisches: Olivenöl. Und Taralli – das sind Grissini nur als kleine Ringe, also eher was zum Knabbern zum guten apulischen Wein. Schmeckt in der Reinform, aber auch angereichert mit den typischen Kräutern der italienischen Küche. Und Pucce, das ist ein Brot, kann aber auch wie eine Teigtasche aussehen – eingebacken häufig Oliven. Gefüllt oder belegt mit allerhand leckeren Zutaten ein Genuss für zwischendurch. Früher wurde es wohl nur am 7.12. gebacken, damit die Hausfrauen am 8.12. (Maria Empfängnis) nicht in der Küche stehen mussten und sich ganz der Marienverehrung und den damit einhergehenden Ritualen widmen konnten.

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