Kürzlich habe ich mir den Spaß gemacht und verschiedene Dinge mit der Autovervollständigung von Google ausprobiert. Angeregt dazu wurde ich durch die Kampagne „Women should...? Sexismus in der Google-Suchmaschine“ – man findet sie auf der Website unwomen.de unter „Internationale Kampagnen“. Ich möchte an dieser Stelle auf die Kampagne nicht näher eingehen - das würde den Rahmen sprengen – aber ich lege jedem ans Herz mal einen Blick darauf zu werfen.
Zurück zur Autovervollständigung (die es im Übrigen nicht nur auf Google gibt). In die „Suchzeile“ gibt man bekanntermaßen den Begriff oder die Begriffe ein, zu denen man sich Erleuchtung aus dem großen Gewirr des WorldWideWeb erhofft. Nun, und wenn man einen Satz beginnt zu tippen, wird dieser vervollständigt. Laut Google erscheinen hier die fünf bis zehn wahrscheinlichsten Vervollständigungen auf der Basis dessen, was bislang von Menschen weltweit gesucht wurde. Natürlich ändert sich diese Vervollständigung über die Zeit hinweg und auch regional – es ist bei den meisten Begriffen nur ein momentaner Eindruck. Fakt ist, diese Vervollständigung spart den allermeisten Menschen bei der Suche viiiiiiiiel Zeit.
Der Spaß funktioniert auch nur, wenn man – zumindest fragmentarisch – beginnt, einen Satz zu schreiben oder eine Frage zu formulieren. Suchen auf der Basis von Substantiven bringen nicht den gewünschten Effekt!
Nun, ich bin Kunsthistorikerin – irgendwie also klar, dass in meinem Versuch irgendetwas vorkommen sollte wie Malerei, Architektur, Design,... oder: Kunst! [Anmerkung der Autorin: Das nachfolgend geschilderte Experiment ist mit selbst gewählten Begriffen zum Nachahmen geeignet, geschieht aber ausschließlich in eigener Verantwortung. Ich bin zu keinem Zeitpunkt für irgendetwas Resultierendes haftbar zu machen! ...auch nicht für akute Ausbrüche von Heiterkeit bis hin zu unkontrollierten Lachanfällen...] In das Suchfeld begann ich also meine Eingabe: „Wie...“ Schon erhielt ich Ergebnisse: „...ist meine ip“, „...lange dauert corona“ (man erkennt die Aktualität) oder auch „...wird das wetter heute“.
Vorsichtig schrieb ich weiter: „Wie Kunst...“ Und jetzt wurde es spannend! Die erste Vervollständigung ein Volltreffer würde ich sagen! „...ihr leben verändern kann“. Wow, echt? Das versucht die Menschheit im weltweiten Netz zu erforschen? Großartig! Ich komme gleich noch einmal auf diese Stichwort zurück, möchte aber zunächst die Neugier stillen nach den übrigen Ergebnissen:
„Wie Kunst...“
(1) „...ihr Leben verändern kann“
(2) „...verkaufen“
(3) „...nägel selber entfernen“
(4) „...die psyche beeinflusst“
(5) „...kaufen“
Wie gesagt auf (1) komme ich gleich noch einmal zurück. Zu (2) sei mir die Anmerkung gestattet: hoffentlich wurde diese vorher auch legal erworben – nicht dass da in der Folge Schätze auftauchen, die kürzlich aus renommierten Sammlungen und Museen verschwanden... Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich auf (3) nicht näher eingehen werde und gleich zu (4) übergehe, dies aber gleich mit (1) beantworte und bei (5) auf meine Antwort zu (2) verweise und die Frage anschließe, ob hier Zusammenhänge bestehen.
Zahlenkarussell im Kopf? Ich auch!
Wie Kunst ihr Leben verändern kann. Oder besser: Wie Kunst ihr Leben verändern kann?
Gewaltig! Sehen wir jetzt einmal von Kunst als Berufsfeld ab und begreifen es in Form von, sagen wir, Malerei. Und damit Farbe. Und Form. Ausdruck. Eindruck. Einfluss auf die Psyche! (Antwort auf Frage (4).) Wir reagieren auf Farben. Meist unbewusst. Die Vorstellung, in einem sonnengelben Raum zu sitzen, löst wohl schon beim Lesen ein Wärmegefühl aus - hingegen die Aussicht auf ein blassblaues Zimmer uns eher frösteln lässt. Rot versetzt uns in einen Erregungszustand, sogar messbar am Puls. Personen, die in einem roten Raum sitzen, neigen zu vermehrter Unruhe und erhöhtem Puls, während Blau die gegenteilige Wirkung hat – nachzulesen in den verschiedenen Studien zur Farbpsychologie. Damit wäre also ein Einfluss auf die Psyche durch Kunst gegeben. Und damit auch auf unser Leben. Denn in der Regel können wir ja entscheiden, mit welchen Farben, respektive mit welcher Wanddekoration wir uns umgeben. Ich kann mich also selbst beeinflussen (in jegliche Richtung) durch die Wahl der Gemälde, Kunstdrucke o.ä. die Platz in meinen Räumen finden. Dies kann so weit gehen, dass ich bewusst bestimmte Stimmungen durch bestimmte Gemälde hervorrufen kann. Gehen wir hierzu einmal weg von der Farbe allein, wenden wir uns dem Motiv zu. Hier spielen natürlich auch die individuellen Erfahrungen eine Rolle, das tun sie aber immer in Bezug auf Kunst und Kunsterleben... Ich verkürze und vereinfache an diesem Punkt etwas.
Beispiel: Aufgewühlte See. Nehme wir etwas Drastisches: „The shipwreck“ von William Turner aus dem Jahr 1805 (diverse Suchmaschinen spucken das entsprechende Stück zur Ansicht aus). Kein schöner Anblick. Die Angst der Personen auf dem Bild ist greifbar. Unheil liegt in der Luft.
Ich könnte das Gemälde nicht dauerhaft um mich haben. Zu düster, unheimlich, beunruhigend.
Anderes Beispiel. „Impression, soleil levant“ von Claude Monet (1872) – ich weiß, starker Kontrast, aber Übertreiben verdeutlicht. Hier also: Auch Schiffe. Aber ruhige See. Auch die Farben sind natürlich andere. Vor allem aber die Stimmung. Das wäre für mich ein Beispiel für positive Stimmung und damit auch Beeinflussung.
Nur damit wir uns hier nicht missverstehen: diese Einflussnahmen von Kunst sind sehr subjektiv. Von Person zu Person unterschiedlich. Sie verändern sich auch im Laufe des Lebens. Generell gilt jedoch: sie haben diese Wirkung. Und die kann man sich zunutze machen. So kann Kunst Leben verändern[1].
Ja, in diesem Text sind Namen und Marken genannt und damit ist das Werbung. Diese erfolgt jedoch unbezahlt und unbeauftragt.
[1] Das Thema ist noch viel weitreichender, kann jedoch in diesem kurzen Artikel nicht erschöpfend behandelt werden, vielmehr kann und will er nur ein Impuls sein. Es gib hierzu bestehende Seminarkonzepte von mir und natürlich können wir uns gerne auch in einem persönlichen Gespräch ausführlicher austauschen! (Und es gibt natürlich auch Literatur zum Thema, z.B. Alain de Botton, John Armstrong, Wie Kunst ihr Leben verändern kann. 1. Auflage. Suhrkamp, Berlin 2017)
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