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„Bunt ist meine Lieblingsfarbe.“ Walter Gropius

 

Und? Wie sieht’s mit der eigenen Lieblingsfarbe aus? 

 

Moment, ich rate! 

 

Blau?

 

Richtig? 

Wenn ja: keine Sorge, es war kein Taschenspielertrick. 

Wenn nein: ok, zweiter Versuch: Rot? 

Wenn ja: keine Sorge, es war kein Taschenspielertrick. 

Wenn nein: ok, dritter Versuch: Grün? 

Wenn ja: keine Sorge, es war kein Taschenspielertrick. 

Wenn nein: ähem, jetzt wird es aber wirklich ein bisschen speziell... Warum? Na ja, ganz einfach: nur etwa 23% der Einwohner Deutschlands oder der Schweiz haben eine andere Lieblingsfarbe als Blau, Rot und Grün. Oder anders herum gesagt: in beiden Ländern geben 40% an, ihre Lieblingsfarbe sei Blau - Rot ist es bei 19% und Grün fast gleich mit 18%.[1] Deshalb konnte ich mich auch auf das Wagnis einlassen, zu raten.

 

Tatsächlich wird aufgrund der Lieblingsfarbe dann gerne versucht, dem Menschen hinter der Farbe bestimmte Charaktereigenschaften zuzuordnen. Nein, das mach ich jetzt nicht. Ich bin Kunsthistorikerin, keine Psychologin. Außerdem gibt es keine seriöse Untersuchung, die solche Zusammenhänge stützt, also lassen wir lieber gleich die Finger davon. Da sich im Laufe unseres Lebens die Lieblingsfarbe in der Regel auch mal verändert, würde sich ja dann auch der Charakter ändern – ja, da merken wir dann schnell, dass solche Theorien im Nirwana versanden. 

 

Farbe an sich

Schauen wir uns stattdessen das Phänomen Farbe einmal etwas genauer an.

Wir wissen, das Menschen ca. zwei Millionen verschiedene Farbtöne unterscheiden können. (Heißt übrigens nicht, dass wir auch entsprechend viele Bezeichnungen haben. Und genau an diesem Punkt fängt es dann auch schon an, kompliziert zu werden: wie verständigen wir uns denn dann über den Farbton? Die meisten Sprachen haben zwischen fünf und elf Worte für Farben. 

Zum Glück gibt es hier Farbtafeln bzw. -kataloge und -modelle, die den richtigen Wert festlegen und dadurch unterschiedliche Menschen über den gleichen Ton sprechen können – vorausgesetzt, sie verwenden die gleiche Tabelle... Nein, Schluss jetzt damit, wir wollen es nicht noch komplizierter machen!)

 

Farbwahrnehmung

Farbe ist Wahrnehmung. Also eigentlich ist es gar nicht korrekt, vom „Farben sehen“ zu sprechen, sondern eigentlich ist es das „Farben wahrnehmen“. Farbe ist ein Sinneseindruck, der durch die Wahrnehmung des sichtbaren Lichts hervorgerufen wird. Sichtbares Licht wiederum sind elektromagnetischen Wellen, die eine Länge zwischen 380 und 780 Nanometern haben. Vereinfacht gesagt: Alles was kürzer ist (über ultraviolettes Licht hinausgeht) und länger ist (über infrarotes Licht hinaus) können wir nicht „sehen“. Übrig bleiben die Spektralfarben (Regenbogenfarben) in ihrer ganzen Vielfalt. Und das sind die ca. zwei Millionen oben genannten. 

 

So, diese visuelle Reizen (sichtbares Licht) werden nun von Rezeptoren auf der Netzhaut (Stäbchen für Hell-/Dunkel-Kontrast und Zapfen für Farbwahrnehmung) aufgenommen und weitergeleitet, validiert, .... Insgesamt ein hochkomplexer Ablauf, bei dem unser Gehirn diese Daten verarbeitet, ergänzt (!) und schließlich zu einem Ergebnis zusammenführt. 

 

Ich komme noch einmal auf dieses „ergänzt“ zurück. Genau hier entsteht dann auch schon das Phänomen, weshalb wir uns so trefflich über Farben – nein, über Farbwahrnehmung – streiten können: jedes Gehirn ergänzt hier logischerweise ein bisschen anders. Macht ja auch Sinn, wir sind ja auch alle unterschiedlich... Also: unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Farbwahrnehmungen. Drüber unterhalten: schwierig! Aber das Phänomen: genial!

 

Über diese Erkenntnisse haben sich schon viele den Kopf zerbrochen und versucht, sie zu sortieren. Sogenannte Farbenlehren kennen wir von Naturvölkern, in der Antike haben sich Gelehrte damit auseinandergesetzt, ebenso später Leonardo da Vinci, Goethe, Philipp Otto Runge oder auch am bauhaus Johannes Itten,... Hierzu gibt es reichlich Fachliteratur, in meinen Empfehlungen findet man entsprechende Hinweise.

 

Symbolik

Wir bleiben noch ein wenig beim Wahrnehmen. Sichtbares Licht löst also Reize aus. Reize, die unterschiedliche Auswirkungen haben, die „passieren“. So gibt es zum Beispiel Untersuchungen, die bestätigen, dass Personen in einem Raum mit bläulichem Licht (Neonröhren) eher frieren als Personen in einem Raum mit rötlichem Licht (die gute alte Glühbirne). Können wohl die meisten bestätigen. Genauso lässt sich belegen, dass unser Puls sich beschleunigt, wenn wir uns einer großen roten Fläche gegenüber finden. Also: nicht nur der Stier wird aggressiv, wir auch (wobei, das mit dem Stier hat noch andere Gründe, aber darauf soll nicht näher eingegangen werden). 

 

Rot = Gefahr. Wird genauso so auch in der Symbolik eingesetzt. Großes rotes Schild im Straßenverkehr erfordert unsere Aufmerksamkeit. Rote Rosen geschenkt bekommen hat aber nicht unbedingt was mit Gefahr zu tun... Hier spielt die Farbsymbolik im Wandel der Zeit ein Rolle. Ursprünglich war Rot als die Farbe des Teufels bekannt und somit eher negativ belegt. Alles Rote stand laut dieser Idee mit dem Beelzebub in Verbindung: das Feuer, der Fuchs, rothaarige Menschen (siehe Hexenverfolgung), ... Durch die zunehmende Marienverehrung (Maria mit rotem Gewand) nach dem Konzil von Ephesus (431 n. Chr. ) wandelte sich die Idee der Farbe ins Positive und Rot wurde zum Symbol der Liebe. Aber Liebe lässt auch unsere Herzen schneller schlagen und kann Aufregung bedeuten – und da ist die Verbindung zur Gefahr wieder hergestellt ;)

 

Bleiben wir bei den Marienfarben und schauen eine zweite an: das Blau. (Lieblingsfarbe?). Blau ist eine kalte Farbe und steht tatsächlich als Symbol für Treue, Klugheit, Sympathie und auch Unendlichkeit. Das blaue Gewand Mariens beinhaltet also diese Bedeutungsebene neben der des Himmelszeltes. 

 

Die dritte Marienfarbe, das Weiß, macht es uns einfach. Rein, unschuldig aber auch Weisheit sind die Verbindungen. Übrigens gelten die genannten Bedeutungen für den westlichen Kulturkreis und sind keinesfalls allgemeingültig! Gerade das Weiß ist hier ein gutes Beispiel, gilt es doch in vielen asiatischen Ländern als Farbe der Trauer.

 

Demgegenüber steht die Lebensfreude, das Licht, die Kreativität und damit die Farbe Gelb. Allerdings sagt man auch „gelb vor Neid“ – das hängt mit der antiken Vorstellung der Körpersäfte im Menschen zusammen. Zu viel Galle: gelbe Haut = neidisch...

 

Grün ist die Hoffnung. Ja, und es ist lebendig und natürlich und jugendlich. Wahrscheinlich deshalb als Lieblingsfarbe noch am dritthäufigsten genannt! Und es beruhigt. Deshalb ist Spazierengehen im Grünen auch gut, um den Kopf frei zu bekommen. Und der ist jetzt vielleicht ganz gut gefüllt – also: guten Spaziergang!

 

Ach, meine Lieblingsfarbe? Gelb!

 

 



[1] Quelle: IfD Allensbach, Allensbacher Jahrbuch für Demoskopie, 1998-2002. S.81

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