...sufer isch’s und glatt.“ So steht es zumindest in „Der Schwarzwälder im Breisgau“ von Johann Peter Hebel (1760-1826), das 1807 zum ersten Mal veröffentlicht wurde. Für den Fall, dass Herr Hebel nicht für alle verständlich ist: im Grunde genommen heißt es, dass es in Freiburg schön und sauber ist... Johann Peter Hebel war der erste moderne alemannische Dichter und gilt als Pionier der Mundart – in seinem Gedicht lobt er die Schönheiten des Breisgaus, neben Freiburg zum Beispiel auch Staufen und Müllheim.
Nein, es soll hier nicht um Gedichtinterpretationen gehen. (Puh, die konnte ich in der Schule schon nicht so richtig gut leiden. Mir war immer unklar, wie ich wissen soll, was ein Dichter sich vor eeeeeewig langer Zeit einmal ausgedacht und vor allem WAS er sich dabei gedacht hat.) Es soll auch nicht um Johann Peter Hebel gehen.
Heute geht’s mal einzig und allein um Freiburg.
Gerade in einer Zeit, in der wir uns beim (Fern-)Reisen zurückhalten, entdecken wir ja vielleicht (mal wieder) die schönen Ecken in der Nähe. Mir geht’s zumindest so, dass ich im Alltag häufig sehr zielgerichtet durch die Stadt laufe, darauf konzentriert, meine Wege zu erledigen und nichts zu vergessen. Darüber sehe ich manchmal nicht so wirklich, was um mich herum ist. Oder anders gesagt, ich nehme es nicht bewusst war. Eine tolle Möglichkeit, um dem entgegenzuwirken, ist, „Tourist in der eigenen Stadt“ zu spielen. Sich wirklich einmal die Zeit zu nehmen, in Ruhe durch die Straßen des eigenen Wohnorts zu schlendern. Vielleicht sogar mit einer Kamera in der Hand. Es ist unglaublich, was man dabei alles sieht!
Schon seit einigen Jahren biete ich im Rahmen meiner Lehraufträge an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg „Spaziergänge zur Kunst“ an. Wir sind im Semester jede Woche unterwegs, immer in Freiburg, immer an anderen Ecken, immer zu anderen Themen – und entdecken immer wieder neue Sachen. Oder Altbekanntes wieder. Diese Spaziergänge führe ich mittlerweile nicht nur an der PH durch, sondern auch in Eigenregie unter dem Namen „Walk’nTalk“. Hier kann jeder teilnehmen, der Freiburg gerne mal von einer anderen Seite kennenlernen möchte. (Termine stehen übrigens immer im Newsletter und auf meiner Website.)
Ja, ja, ich höre schon diejenigen, die sagen: „Freiburg? Viel zu weit weg!“ Ha, beschweren gilt nicht. Es gibt eine Lösung: Virtuelle Spaziergänge! Tickets und weitere Informationen im Newsletter und auf www.nicoleklemens.de unter virtuelle kunstpause I virtual artbreak
Zurück zur Stadt, zurück nach Freiburg. Eigentlich hätten wir ja dieses Jahr groß feiern wollen. 900 Jahre ist die Verleihung der Marktrechte her und dieses Jubiläum sollte natürlich groß begangen werden. Da kam Corona dazwischen. Es wurde umgeplant und verlegt und nun feiern wir einfach nächstes Jahr weiter.
Die Zähringer waren es, die sich hier breit gemacht – nicht erst 1120, sondern schon vorher. Aber die Verleihung der Marktrechte macht es so richtig offiziell und dementsprechend wird das natürlich auch gefeiert. Freiburg war schon ziemlich früh, also schon im Mittelalter, eine bedeutende und wohlhabende Stadt. Das lag zum einen an der Lage an der Handelsstraße von Rom nach Köln (natürlich auch umgekehrt), zum anderen an den Silber- und Erzvorkommen (und anderen) im nahen Schwarzwald.
Die längste Zeit in seiner Geschichte gehörte Freiburg zu Vorderösterreich und stand somit unter der Herrschaft der Habsburger. Das hat Spuren hinterlassen: man findet noch heute an einigen Stellen in der Stadt den Doppeladler oder aber die rot-weiß-rote Fahne Österreichs. Aber auch andere Spuren! So fand zum Beispiel 1497/98 unter Maximilian I. ein Reichstag in Freiburg statt, der in der Gerichtslaube abgehalten wurde. Auf diesem Reichstag kam es zum Abschluss der ersten Reichsweingesetzgebung, dem ersten Wein-Reinheitsgebot. Im Wesentlichen ging es hier um die Reinhaltung von Wein und um die Schwefelung, die seit 1487 deklarationspflichtig war. Also ein Lebensmittelgesetz, das im Kern bis heute sein Gültigkeit hat.
Ach, und um nochmal auf dieses Gedicht von Johann Peter Hebel zurückzukommen: „sufer isch’s und glatt“. Ich bin sehr viel mit Gästen in Freiburg unterwegs, mache Stadtführungen aller Art und stelle gerne immer wieder die Frage: weshalb gibt es eigentlich in Freiburg schon seit dem Mittelalter die Bächle?
Den Spruch hört man ja, sobald man die Stadtgrenze von Freiburg erreicht hat: „ Wer in Freiburg ins Bächle neidappt (reintritt) muss einen Freiburger bzw. eine Freiburgerin heiraten“. Nachgewiesen sind die Bächle seit dem Mittelalter und damals ja mit Sicherheit nicht als „Partnervermittlungsbörse“ angelegt...
Die häufigste Antwort, die ich höre ist: „Na klar, darin schwammen die Abwässer, floss der Unrat der Stadt!“ Tatsächlich gibt es aus dem 16. Jahrhundert sogar ein ausdrückliches Verbot, dies zu tun: „und soll nymandt dhein mist, strow, stain in die bäch schütten“. Denn es war ganz wichtig, dass das Wasser ungehindert fließen konnte – also nichts mit einfach mal so Dreck entsorgen! Wir haben nämlich mit den Bächle den ersten Brandschutz in der Stadt, durch sie konnte eine Versorgung mit Löschwasser gewährleistet werden. Was durchaus bei mittelalterlichen Städten, die überwiegend aus Fachwerkhäusern bestanden, seinen Sinn hatte. Also: Kerze fällt um – ab vor die Tür, Wasser schöpfen, löschen. Nicht erst lange Wege bis zum nächsten Brunnen... Die lagen tatsächlich teilweise so weit weg, dass man dann erst gar nicht wieder nach Hause gehen musste, weil in der Zwischenzeit das Heim lichterloh brannte.
Naja und das mit dem Heiraten... Da schlage ich vor: ausprobieren ;) Aus eigener Erfahrung kann ich es nur empfehlen! Geht heute übrigens auf fast 16 km. So lang ist das Bächle-System in der Zwischenzeit. Na gut, ein Teil verläuft in Kanälen, aber der Rest steht zum Reintreten zur Verfügung. Einen schönen Trausaal haben wir übrigens auch – aber dazu an anderer Stelle einmal mehr.
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