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Wie riecht eigentlich gelb?  

Nein, ich meine nicht eine gelbe Blume – das wäre zu einfach! Ich spreche wirklich von der Farbe gelb höchstselbst. Gelb. Ok, es gibt natürlich Unterschiede – Zitronengelb riecht anders als ockergelben neongelb anders als Kadmiumgelb.

 

Wie? Ach so, ich meine jetzt auch nicht die Farbtöpfe! Ölfarbe, Acrylfarbe, Wasserfarbe,… Na klar, die riecht. Nach ihren Bestandteilen. Mal besser, mal schlechter.

 

Also nochmal – wie sieht es mit dem olfaktorische Reiz der Farbe Gelb aus? Oder machen wir es uns  mal einfach(er): riecht gelb anders als rot? Oder blau? Grün? 

 

Schon, oder? Wir würden zustimmen, aber wahrscheinlich eher, weil wir mit den unterschiedlichen Farben auch verschiedene Erinnerungen verbinden, andere Dinge assoziieren. Und diese wiederum sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Klar, wir haben ja auch nicht alle das Gleiche erlebt. Gesehen. Gehört.

 

Also: Gelb riecht für jeden anders. (Ok, es mag Gemeinsamkeiten geben, aber würde finden wir wohl nur schwer heraus. Ja, wenn jeder an einer Zitrone riecht, könnte man zu der Übereinkunft kommen, dass Zitronengelb so riecht. Aber: wir werden wohl nicht dasselbe reichen. Auch Geruch ist subjektiv. So wie jede andere Wahrnehmung auch. Subjektiv gerochen, gesehen, gefühlt.

 

Im Umkehrschluss vielleicht leichter nachvollziehbar: wir mögen ja auch nicht alle das gleiche Parfüm! 

 

Aber zurück zum Gelb. Wir können uns vielleicht auch über seine Temperatur unterhalten. Je größer der Rotanteil im Gelb, desto wärmer – je mehr Blau, desto kälter.

 

Kurzer Einschub: Farbe ist ein Sinneseindruck, der durch das Zusammenspiel vom Auge und Gehirn vermittelt wird. Eine Wahrnehmung. (Ja, auch wieder so’n subjektives Ding. Auch wenn das Wort „wahr“ darin steckt…) Also, das, was wir da wahrnehmen, ist elektromagnetische Strahlung. Menschen nehmen diese im Bereich zwischen 380 und 780 Nanometern wahr. „Sichtbar“ bei der Brechung des weissen Lichts, z.B. den Sonnenstrahlen in Wassertropfen = Regenbogen. Kurze elektromagnetische Wellen = kaltes Licht, lange Wellen = warmes Licht. Kaltes Licht = blau, warmes Licht = gelb. (Kurz und vereinfacht gesagt.) Warmes Licht außerhalb der Grenze dessen, was wir „sehen“ = infrarotes Licht. Dafür aber spürbar, z.B. als Wärme bei gleichnamiger Lampe. Kaltes Licht nur noch sichtbar bei weißen Krümeln au schwarzer Kleidung im ultravioletten Licht der Disco. ;) 

 

Einschub zu Ende.

 

Farbwahrnehmung und Temperatur bekommen wir also ganz gut zusammen.

 

Zurück zum Geruch:

Wir waren uns (glaube ich) so weit einig, dass das mit diesem „riecht wie“ schwierig ist. Weil wie. Also: wie unterschiedlich. Subjektiv. Spannend ist aber der Aspekt des – mmmmmh, wie nenn ich es – sagen wir erinnerndes Riechen. Ok, das muss ich erklären… Also, wir kennen das doch alle, dieser Moment, in dem uns ein Duft in die Nase gelangt und wir denken: „Ok, das riecht wie bei…“ oder „Oh, das riecht nach…“. Weihnachten zum Beispiel. Bestimmte Gewürze. Nelke. Sternanis. Zimt. Weihnachten. Also: Geruch = Erinnerung.

 

Auch Menschen riechen ja unterschiedlich. (Oh ja, und manchmal auch intensiver… nun, lassen wir das…) Also: unterschiedlich. Deshalb können wir manche „gut riechen“ und andere eben nicht.

 

Alles riecht.

 

Es gibt übrigens eine Künstlerin/Forscherin, Sissel Tolaas, die sich genau mit diesem Thema auseinandersetzt. Nein, nicht nur mit dem Geruch von Menschen, sondern allgemein mit der Erforschung von Gerüchen. Denn wenn man sie erforscht, kann man sie auch wieder gezielt einsetzen. In der Kunst und ganz praktisch. 

 

So hat sie beispielsweise ein „Smell Memory Kit“ entwickelt. Es enthält Ampullen mit einem Geruch und eine Metallkapsel an einer Kette zum Transport der Ampulle. Kommen wir nun also in eine Situation, die wir für iiiiiiimmer festhalten wollen, knicken wir die Ampulle auf und atmen den Geruch ein. Dieser wird fortan für diesen Moment stehen. Will ich mich erinnern, öffne ich eine Ampulle: Voilá!

 

Funktioniert übrigens auch im Alltag: Hotel. 6.45 Uhr. Bibbibbibbibbibbibbibb… der Wecker. Linkes Auge auf, rechtes Auge auf. Kaffeeduft. Mmmmmmhhhhh…. Herrlich! Jetzt ein schönes Frühstück! Und schon springen wir aus dem Bett und in den Tag. Und zum Frühstücksraum. 43 Etagen tiefer, Luftlinie 1.25 km entfernt. Trotzdem erreichte uns der Geruch in der 87. Etage. It’s magic! (Oder eben ein künstlicher Geruch, der über die Klimaanlage gezielt zu uns geleitet wurde.)

 

So, Geruch ist also Erinnerung. Und Farbe such. Siehe Zitronengelb: dieses Gelb erinnert an Zitronen. Riecht aber nicht so. Oder doch? Na ja. Klar. Doch. Weil unsere Erinnerung uns passend eben auch den Duft der Zitronenhaine an einem klaren Frühlingsmorgen liefert. 

 

Oder den der Zitronenscheibe auf dem Wiener Schnitzel.

 

Kommen wir also zurück zur Eingangsfrage: Wie riecht eigentlich gelb?

Antwort: Nach unseren individuellen gelben Erinnerungen!

 

Umgekehrt könnten wir also auch „Farbkarten unseres Lebens“ erstellen oder eines bestimmten Tages. Statt einem Tagebuch zu schreiben Farben sammeln. Und beim Durchblättern sehen, riechen, fühlen…

 

Ich sammele für heute schon einmal ein zartes Frühlingsgelb!

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