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Mehr als das Bild: der Rahmen (und seine Geschichte)

Zugegeben, als Kunsthistorikerin schaue ich natürlich (meistens jedenfalls) zuerst auf das „Bild“ – die Fotografie, das Gemälde. Naja, also eben das IM Rahmen. 

 

Dabei sind Bilderrahmen sind weit mehr als nur schlichte Umrandungen für Kunstwerke und Fotos. Sie spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie wir Bilder sehen und wie sie auf uns wirken. Die Wahl des richtigen Rahmens kann die Wahrnehmung eines Bildes erheblich beeinflussen.

 

Der Bilderrahmen rahmt eben nicht nur das Bild physisch ein, sondern leitet auch unseren Blick darauf. Ein eleganter, minimalistischer Rahmen kann die Aufmerksamkeit auf das Bild lenken, während ein prunkvoller, verzierter Rahmen dem Kunstwerk eine gewisse Würde und Pracht verleiht. Die Farbe, das Material und die Form des Rahmens können das Gesamtbild des Kunstwerks entscheidend prägen.

 

Darüber hinaus hat der Rahmen die Macht, die Stimmung eines Bildes zu verändern. Ein schlichter, moderner Rahmen kann ein Bild zeitgemäß und nüchtern erscheinen lassen, während ein antiker Rahmen demselben Bild einen Hauch von Nostalgie verleiht. Die Wahl des Rahmens ermöglicht es uns, die Atmosphäre und den Kontext eines Kunstwerks anzupassen.

 

Bilderrahmen sind somit nicht nur schützende Hüllen, sondern aktive Gestaltungselemente in der Kunstwelt. Sie beeinflussen, wie wir Kunstwerke wahrnehmen, interpretieren und in unseren Lebensraum integrieren. Indem sie die ästhetische Präsentation beeinflussen, sind Bilderrahmen Tools, um die Botschaft und die Emotion eines Bildes zu verstärken oder zu verändern. 

 

Und klar: Bilderrahmen fassen Bilder ein. Dekorativ (meistens). Und schützen sie vor Feuchtigkeit, Licht und Temperaturschwankungen. Ach ja und stabilisieren des Werks zählt auch noch zu ihren Aufgaben.  Aber seit wann gibt es sie eigentlich? Und warum?

…werfen wir einen Blick zurück in die Geschichte des Bilderrahmens und wie er sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat.

 

Die Ursprünge: Ein Blick ins Mittelalter

 

Die Geschichte des Bilderrahmens reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück, ohne dass ein spezifischer Erfinder bekannt ist. Frühe Rahmen bestanden aus Stein und wurden hauptsächlich zur Einfassung von Gemälden auf Kirchenwänden verwendet. Im 14. Jahrhundert begannen vergoldete Rahmen, insbesondere in der Kirche, an Bedeutung zu gewinnen. Ihr Hauptzweck war weniger ästhetisch, sondern er diente vielmehr der Stabilisierung von Kunstwerken und der Schutz vor Verformung.

 

Materialvielfalt: Von Holz bis Edelsteinen

 

Holz war über die Jahrhunderte hinweg der dominierende Werkstoff für Bilderrahmen. Diese Rahmen wurden je nach Kunstepoche mit verschiedenen Materialien wie Schlagmetallen, Gips, Edelsteinen, Gold- und Silberbronzen, Samt und anderen Stoffen verziert. Im Laufe der Zeit wurden Holzrahmen bemalt und später vollständig vergoldet, während Marmorrahmen zuerst bemalt und vergoldet waren. Im 16. Jahrhundert begannen Bilderrahmen auch für allgemeine dekorative Zwecke Verwendung zu finden. Dabei verloren sie ihren architektonischen Charakter zugunsten von ästhetischen Elementen.

 

Ein Hauch von Gotik und Renaissance

 

In der Gotik wurden freistehende Altäre mit Holzrahmen eingeführt – das markiert den Ursprung der heutigen Bilderrahmen. Die Hauptfunktion war zu dieser Zeit immer noch die Stabilisierung der Kunstwerke. Im Laufe der Renaissance kamen Bilderrahmen in Privathaushalte und wurden insbesondere von wohlhabenden Bürgern zur Präsentation von Porträts und Familienbildern verwendet. Das Geschäft der Rahmenmacher wurde immer wichtiger, und die Herstellung von Bilderrahmen wurde perfektioniert.

 

Barock & Rokoko: Prunk und Eleganz

 

Während des Barock und Rokoko wurden Bilderrahmen immer prunkvoller. Goldrahmen mit aufwendigen Polimentvergoldungen und Holzschnitzereien wurden populär. Beispiele wie der "Florentiner Rahmen" mit seinen durchbrochenen Akanthusmotiven sind Zeugen dieser Zeit. Im Rokoko erreichte die Rahmenkunst ihren Höhepunkt mit komplexen, bewegten Formen. Diese prächtigen Rahmen wurden zu wichtigen dekorativen Elementen und Statussymbolen in Privathaushalten.

 

Klassizismus und Biedermeier: Schlichtheit und Eleganz

 

Im Klassizismus kehrte man zu polimentvergoldeten Rahmen zurück und bevorzugte schlichte Leistenformen, um den Fokus auf das Kunstwerk zu lenken. In dieser Zeit wurden auch ornamentlose Biedermeierrahmen beliebt. Materialien wie Blattsilber wurden verwendet, um eine goldene Optik zu erzielen.

 

Gründerzeit und die Geburt der Fotografie

 

In der Gründerzeit wurden Bilderrahmen in Serienproduktion hergestellt. Ornamente in den Hohlkehlen und Lorbeerstäbe ersetzten aufwendige Polimentvergoldungen. Die Entdeckung der Fotografie im 19. Jahrhundert führte zu kleineren und unauffälligeren Rahmen. Das Passepartout wurde entwickelt und gemeinsam mit verglasten Bilderrahmen verwendet. Andere Materialien wie Kunststoff und Aluminium wurden im Laufe der Zeit in der Bilderrahmenherstellung eingeführt.

 

Die Moderne: Industrialisierung und Vielfalt

 

Im 20. Jahrhundert wurde der Bilderrahmen zu einem industriell gefertigten Massenprodukt, das in nahezu jeder Wohnung als dekoratives Element Verwendung findet. Verschiedene Stile und Materialien, darunter die beliebte Schattenfugenleiste, bereichern unsere Räume und bieten vielfältige Möglichkeiten zur Präsentation von Kunst und Erinnerungen.

 

Schmale Leiste, große Wirkung! Spannend, wie sich im Lauf der Jahrhunderte die Form und Funktion der Rahmen verändert hat – und wie der „richtige“ Rahmen unseren Blick lenkt…

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