Göteborg – holländisches Flair in Schweden  

Göteborg – holländisches Flair in Schweden

 

Wieder einmal hat es uns in eine kleine große Stadt verschlagen. Wer hier schon länger mitliest, weiß, dass es bei mir / bei uns oftmals Städtetrips gibt, die nicht in die ganz großen Metropolen, sondern eher mal in die kleineren „Geschwister“ führen. So auch dieses Mal. Stockholm haben wir vor einigen Jahren schon einmal bei einem längeren Schwedenurlaub besucht und so war es klar, dass das nicht unser Ziel sein wird. Kalt sollte es aber sein. Passte irgendwie besser in die Zeit, in der wir unterwegs sein wollten: „Zwischen den Jahren“. 

 

Kleine Anmerkung: das ist echt so eine Bezeichnung, die streng genommen totaler Blödsinn ist, denn wann soll das denn bitteschön sein. „Zwischen den Jahren“. Niemandsland? Niemandsjahr? Mmmmh, auf der anderen Seite drückt es natürlich ziemlich gut dieses „dazwischen“ aus. Zwischen Weihnachten und Neujahr. Eine Zeit, in der gefühlt die Zeit still steht. Nichts passiert. Doch tatsächlich gibt es auch eine ganz logische Erklärung für diese Redewendung:

 

„Nach dem römischen Kalender begann das neue Jahr zunächst am 1. März, wenn die hohen Beamten ihr Amt antraten. Im Jahr 153 geschah dies erstmals am 1. Januar, und fortan galt dieser Tag für das gesamte römische Reich als Jahresanfang. Die Christen begannen das Jahr hingegen zunächst am Tag der Taufe Jesu, dem 6. Januar; in der Mitte des 4. Jahrhunderts, als statt der Taufe die Geburt Jesu am 25. Dezember gefeiert wurde, verlegte man auch den Jahresanfang auf diesen Tag. Nach einigen Wechseln des Jahresanfangs im Mittelalter wurde der Neujahrstag 1691 für die christliche Welt schließlich auf den 1. Januar festgelegt. Obwohl es also eigentlich keinen Zeitraum »zwischen den Jahren« mehr gibt, hat sich die Redewendung bis heute gehalten.“[1]

 

Also, zurück zu unserer Entscheidung. Kalt. Nicht Stockholm. Na ja und irgendwann war es dann Göteborg. Und was für eine gute Entscheidung das war! Eine wirklich hübsche, nicht zu große Stadt (fast 600.000 Einwohner). Gut, um sie zu Fuß zu erkunden. Museen (wird ja früh dunkel). Genügend Erkundungsmöglichkeiten. 

 

Wir haben (abzüglich des An- und Abreisetags) 4 Tage in der Stadt verbracht und das ist prima, für eine ganz gemütliche Erkundung und lässt auch noch den Freiraum, sich mal einen Tag aus der Stadt herauszubewegen. Der große Vorteil ist, dass man mit der App der Verkehrsgesellschaft Västtrafik ganz unkompliziert ein Tagesticket für den ÖPNV kaufen kann und damit für einen relativ kleinen Preis (ca. 11 €) ein ganz schön großes Gebiet befahren kann. Wir sind so an einem sehr regnerischen Tag ganz gemütlich mit der Straßenbahn an die Küste nach Saltholmen gefahren. (Von unserem ursprünglichen Plan, dort auch noch mit einer Fähre zu einer der Schäreninseln zu fahren, haben wir aufgrund des Wetters – Dauerregen – Abstand genommen. Wäre aber auch im Ticket inkludiert gewesen.) Die Fahrt aus der Stadt dauert ca. 40 Minuten und man sieht so noch ganz bequem ein bisschen mehr von Göteborg. Auf der Rückfahrt sind wir dann auch in der Nähe der Masthuggskyrkan ausgestiegen und haben den Stigberget erklommen, um die Kirche zu besichtigen. …wohl die schönste Kirche der Stadt – auf alle Fälle, was den Ausblick angeht! Von dort sind wir dann noch über unser Ziel hinausgeschossen, äh… gefahren und haben den Trädgardsöreningen in der Nähe des Bahnhofs besucht. Trädgards… was? Hier handelt es sich um einen Park, der wohl früher mal zu einem Gartenkulturverein gehörte. Es ist eine der wenigen noch erhaltenen Parkanlagen aus dem 19. Jahrhundert. Ähm ja, und natürlich war der Rosengarten nicht zu besichtigen und wir konnte nicht auf den Wiesen liegen… Aber. Es gibt dort ein wunderschönes Palmenhaus aus dem Jahr 1878, das nach dem Vorbild des Kristallpalasts errichtet worden ist. Der Crystal Palace von Joseph Paxton war das Gebäude der ersten Weltausstellung 1851 in London und existiert leider nicht mehr. 

 

Die anderen Tage haben wir für Stadtspaziergänge genutzt: zum Opernhaus und zum „Lippenstift“ (Skanskaskrapan von Ralph Erskine aus dem Jahr 1989, ein rot-weißes Hochhaus, das aufgrund seiner Farbgebung im Volksmund den Namen Läppstiftet erhielt.). In der Haga Nygata sind wir gewesen – der wohl schwedischsten Straße in ganz Göteborg mit den typischen Holzhäusern. …und daneben DIE touristische Einkaufsstraße mit lauter kleinen (Souvenir-)Läden. Leider haben wir es in das Café Husaren, in dem man wohl die besten Zimtschnecken bekommt, nicht geschafft. Zu viel Regen draußen. Zu viele Menschen, die im Warmen und Trockenen sitzen wollten. Zu voll. Keine Zimtschnecke. Dafür waren wir am Kronhuset. Ein früher von der schwedischen Artillerie genutztes Gebäude aus dem 17. Jahrhundert mit dem dazugehörigen Platz. Das Kronhuset selbst wird heute als Veranstaltungshalle genutzt und in den umliegenden Gebäude sind kleine Läden, Handwerker und ein Bonbonladen, indem es die typischen Karamellbonbons gibt! Ach so und ein Café – mit mindestens genauso leckeren Kanelbullar (Zimtschnecken) und anderen Leckereien. Von dort ist es übrigens auch gar nicht weit in das Stadtzentrum, zur Einkaufspassage und zu viiiiielen anderen Einkaufsstraßen. Wir hatten das Gefühl, bei jedem Spaziergang wieder eine andere Straße entlangzugehen…

 

Natürlich haben wir auch Museen besucht. Wie könnte es anders sein?! Einerseits das Röhsska Museum in der Nähe der Uni. Dort findet man Kunsthandwerk und Design und eine ziemlich große Stuhlsammlung. Aber beeindruckender war tatsächlich das Konstmuseum (nein, ich habe mich nicht verschrieben ;) das sollte mit „o“ sein!). Vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart ist hier alles geboten. Europäische Kunst, aber auch nordische Künstler:innen, Malerei und Bildhauerei in einem beeindruckenden Bau. Und: die Präsentation ist nicht so ganz auf klassische Art und Weise. Es werden Werke verschiedener Epochen miteinander kombiniert, in Bezug zueinander gesetzt. Es gibt eine Tischtennisplatte, an der man zwischendrin ein Match spielen kann. Mitten im Museum. Ach, ich würde sagen, man sollte bei einem Göteborg-Besuch dort auf alle Fälle hingehen. Nicht nur, wenn es regnet! 

 

Apropos Regen: ich empfehle dringend (zu jeder Jahreszeit) wetterfeste Kleidung inklusive passendem Schuhwerk und stabilem Regenschirm (s. meine Packliste bzw. Empfehlungen). 

 

Fazit: Göteborg ist eine Stadt, in der man es gemütlich angehen lassen kann. Cafés laden zum Verweilen (und Beobachten) ein. In der Markthalle trifft sich alles. Es gibt viele Grünflächen, das Meer ist nah und überhaupt ist die Stadt durchzogen von Kanälen, was ihr fast einen holländischen Charakter verleiht. Besuchenswert! 



[1] Lutz Röhrich: »Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten«, Freiburg 1992; Heinz Küpper: »Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache«, Stuttgart 1982.

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