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Geschlafen wird im Bett  

 

Folgendes Gedankenspiel: Nehmen wir mal an, wir könnten uns unsere Traumwohnung generieren. Die Quadratmeterzahl, die Ausstattung, die Lage – alles könnten wir in einen kleinen freundlichen Roboter eingeben und nach der Abfrage gewisser Daten macht es einmal kurz bbbbrrrrzzzzzzzikkkk und das Ideal an Wohnung stünde vor unserer Nase. Hört sich doch ganz gut an, oder? (Nein, Preis spielt keine Rolle, wir tun mal kurz so, als hinge es davon mal ausnahmsweise nicht ab!)

 

So, jetzt geht’s los: wo soll das gute Stück denn stehen? Draußen auf dem Land im Grünen? Inmitten einer idyllischen Gartenanlage mit altem Baumbestand, Stockrosen am Staketenzaun und leisem Schafsblöken im Hintergrund? Oder doch lieber mitten in der Stadt? In erreichbarer Nähe von Infrastruktur, kulturellen Angeboten, kurzen Weg? 

 

Nein, beides geht nicht, RobbyRobot möchte eine Entscheidung: Land oder Stadt? 

Ok, entschieden?

 

Dann geht’s weiter: wie groß darf es denn sein? Vierseiten-Hof mit hohen Räumen und Platz für Gartenfeste, Familienfeiern und Übernachtungsgäste? (Was ein Vierseiten-Hof ist? Das ist eine Hofform, die auf einen gewissen Wohlstand hindeutet. Bei dieser Anlage liegt der Wirtschaftshof im Zentrum und ist umgeben von Wohngebäude (meist an der Straße gelegen), Stallungen, Scheune und Wirtschaftsgebäuden.) Also, diese Größe? Oder lieber das Tiny-House – wohnen auf minimalem Raum? Etwas enger, dafür aber sehr funktional, reduziert auf das Wesentliche… Oder doch eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus? Aus ökologischen und Boden-Nutzungs-Gesichtspunkten sehr sinnvoll. Gestapelt nutzt man den bestehenden Platz besser aus und auch die Ökobilanz ist eine bessere als beim Einfamilienhaus. 

 

Gar keine leichte Entscheidung, oder? Und vielleicht braucht man ja jetzt gerade etwas mehr Platz – in ein paar Jahren aber eigentlich eher wieder weniger… Modulares Wohnen wäre super. Fanden auch schon unterschiedliche Architekten zu unterschiedlichen Zeiten. Kann auch zu erheblicher Kostenersparnis führen, da bestimmte Elemente wieder und wieder auftauchen, seriell gefertigt werden können und so nicht aufwändige Einzelelemente maßgeschneidert werden müssen. Mit Kindern drei Zimmer Küche Bad (na gut, vielleicht zwei Bäder), Kinder ziehen aus, ein Zimmer weg. 2019 hat die Universität Kassel hierzu ein Projekt aus den 1920ern wieder aufgegriffen, das am bauhaus entstanden war.

 

So, also: Robby Robot möchte wieder eine Entscheidung: klein, groß, mittel? (Man bedenke, dass viel Fläche auch viel aufräumen, putzen, instand halten beinhaltet. Na ja, und ein bisschen mehr Ausstattung für die Räume braucht man gegebenenfalls auch. Dafür kann man sich auf mehr Quadratmetern auch mal mehr aus dem Weg gehen…)

 

Eine pauschale Antwort wird es wohl auf keine der Fragen geben und RobbyRobot wird ganz schön was zu tun haben, unsere Wünsche alle zu erfüllen. Spannend ist die Beobachtung der historischen Veränderungen nicht nur über das „Wo-Wohnen“ im Allgemeinen, sondern auch das „Wie“. Das Kinderzimmer ist da ein hervorragendes Beispiel: es ist eine relativ junge Entwicklung, entstand im 18./19. Jahrhundert zunächst vor allem in wohlhabenden Häusern und zunächst auch hauptsächlich in der Stadt. Erst (Achtung!) in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (ja, richtig gelesen) ist das Kinderzimmer in den breiten Schichten der Bevölkerung angekommen – also nach dem Zweiten Weltkrieg, quasi mit den vielen nach den Zerstörungen entstehenden Neubauten. Vorher waren die finanziellen Mittel nicht da, die Raumnot zu groß und: Kinder in der Gesellschaft noch nicht so „etabliert“. Gesellschaftlich musste sich erst einiges verändern, bevor auch die Kinder davon profitierten. Auf der anderen Seite: meist wohnen Kinder auch nur eine begrenzte Dauer bei ihren Eltern, ziehen irgendwann aus und das ihnen vorbehaltene Zimmer steht leer, wird vielleicht noch als Gästezimmer genutzt, könnte aber in vielen Fällen auch komplett wegfallen. 

 

Gleiches trifft im Übrigen auch auf die Möblierung der Wohnung zu: Mobiliar, das ausschließlich der Freizeitnutzung zugeordnet werden kann, ist in der breiten Bevölkerung auch vor noch nicht allzu langer Zeit erst angekommen. Klar, wer braucht schon eine Couch, wenn er/sie den ganzen Tag beispielsweise auf dem Feld arbeitet, bei einbrechender Dunkelheit erst nach Hause zurückkehrt und dann erst einmal etwas isst und anschließend vielleicht noch handwerkliche Tätigkeiten, Reparaturen etc. ausführen muss? Ausruhen? Fehlanzeige. Geschlafen wird im Bett!

 

Das Spiel lässt sich fortsetzen mit dem Sessel oder dem Armlehnstuhl. Auch dieser war genau einer Person im Haushalt vorbehalten: dem Vorstand. Großvater oder Vater durften auch dem Stuhl mit den Lehnen sitzen, die übrigen Familienmitglieder saßen auf der Bank oder auf Hockern. Auch hier setzt sich erst in den 1950er Jahren der Armlehnstuhl „für alle“ durch. (Auch hier wieder auf die breite Bevölkerung bezogen – die oberen Gesellschaftsschichten waren etwas früher dran.) Auf so einem Stuhl mit Armlehnen thront man ja auch, die Machtposition wird quasi durch die Sitzposition untermauert. (Zum Sitzen habe ich mich schon mal in dem Artikel „Bitte Platz nehmen“ ausgelassen, der Link zum Text kommt unten drunter noch einmal separat für alle die, die gerne noch einmal nachlesen möchten.)

 

Na ja und bei all dem brauchen wir natürlich nicht davon zu sprechen, dass Möbel und der ganze Hausrat anders organisiert war, als Menschen noch nomadisch gelebt haben. Und es heute wieder tun. Vielleicht nicht so sehr mit dem Zelt und dem nahrhaften Gründen auf der Spur, aber in Zeiten, in denen doch schon einige Jobs auch nicht mehr an stationären Aufenthalt gebunden sind durchaus eine Variante. Ist da und kommt wahrscheinlich noch mehr. Klar, wenn ich nur noch meinen Laptop und eine stabile Internetverbindung brauche, weshalb soll ich mich dann in einen riesigen Büroturm sperren (lassen)? Wenn es auch anders geht. 

 

Küche ist übrigens auch so ein Wandel-Thema. Früher der Ort, an dem quasi das ganze Leben stattfand, die Familie zusammenkam, manchmal nicht nur gegessen und gearbeitet, sondern auch noch geschlafen wurde (weil wärmster Raum – das Herdfeuer wurde zum Speisen-zubereiten ohnehin gebraucht). Dann der Trend hin zur mehr und mehr separierten Küche. Dort wurde gearbeitet, gegessen nebenan. (Auch hier wieder: nein, natürlich nicht bei allen.) Die Küche war Funktionsraum – ich verweise an dieser Stelle sehr gerne auf die „Frankfurter Küche“ die von Margarete Schütte-Lihotzky 1926 entwickelt wurde. 

Mittlerweile ist die Wohnküche zurück. Wieder ein zentraler Ort im Haus, in der Wohnung – hier ist es gemütlich. Und warm. 

 

Auch im Bereich Wohnen wird sich in den nächsten Jahren einiges verändern. Noch mehr verändern. Die Strukturen wandeln sich, sowohl gesellschaftlich als auch technisch. Lebensformen passen sich an. (Also die Formen des Zusammenlebens.) Das prägt dann umgekehrt natürlich auch wieder, wie wir wohnen. 

 

Und? Traumhaus steht? Oder Wohnung? 

Ok, RobbyRobot druckt ;)

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